19940129 betrifft vom stürzen schreiben und - stürzen

mein lieber steinweg

 

 

> erstens komme ich eben von einer reise zurück und muss zum xten mal diese banalität feststellen: gestartet oder gestürzt, nach osten oder nach westen: reisen ist eine überforderung (manchmal). wieso: wie die schwarzen afrikaner unter dem flugzeug sitzen nach der landung und warten bis die seele auch ankommt.

> zweitens muss ich sagen, dass die métaffère parachutistique bestens funktioniert: horizontal starten, vertikal stürzen.

> drittens sagst du: «une pile, svp.» ich sage: «une bouteille, vsop.»

> viertens erhärtet sich langsam aber sicher der verdacht (was sollen wir tun, wie wenn wir es nicht gewusst hätten? wir können uns nichts vormachen!) dass einerseits das schreiben über die ferien wichtiger ist als die ferien selber, es aber andererseits nicht einmal um die ferien als solche geht, sondern nurmehr um den (schreib)anlass. die geschriebene welt ist die wirkliche welt. feuerstein beschreibt die neue welt als text: die zu konstruierende boeing 707 als programmtext, der über eine high-tech-maschinerie (eigentlich einen drucker) ausgegeben wird. sind nicht letztlich auch wir selber text, genetischer, lesbarer programmcode?

> fünftens. henscheid schreibt: «Das einzige was diese Berufsschreiber wirklich gerne und mit sinnlicher Lust schreiben [...] - das sind Briefe. Jawohl, lange, trächtige, ausschweifende - aber auch klitzekleine neckische Briefe in alle Himmelsrichtungen, von früh bis spät, und immer wieder Liebe Claudia und Liebwerter Wilhelm oder auch Du alter Zwieback - und dann geht's los! [...] Oder aber, was sie scheint's fast noch lieber tun [als Liebesbriefe schreiben] (ich inklusive): mit befreundeten Dichtern und Arschgesichtern hochnotüberflüssige Correspondancen zu wechseln [...].» und weiter unten: «Nicht Kunst ist das Anliegen, die Botschaft, die Sinnlichkeit dieser Dichter, sondern Scheiss, bis die Tasten tanzen! Ausnahme manchmal ich.»

> sechstens zurück zu deinem fax: du schreibst über eine wurst, die fachgerecht zusammengerugelet in den sack passe. handelt es sich bei dem sack etwa um die präserwattierte schwanztasche mit dem extraweichen scrotalbeutel aus meinen notizen? jenem unvermeidlich praktischen hilfs- und verhütungsmittel des allseits beliebten (und nicht minder beleibten) zitzenprinzen, dem rhythmisch magische sprüche murmelnden kreito el snad aus meiner kleinen erzählung ernst hegelbach in spanien, die in diesen wochen im entstehen begriffen ist und welche die ungeheuerliche geschichte erzählt, wie besagter hegelbach nicht nur nach spanien (zitronen und orangen nicht vergessen) gelangt ist, sondern vor allem auch, wie er es dort mit der unschätzbaren hilfe oben erwähnten kreito el snads zu etwas gebracht hat, was wir nur einem gestandenen mann wie eben hegelbach zutrauen. bitte um antwort!

> siebtens nochmal henscheid: «Schon ist 1 Seite voll, reicht für heute - und schon geht's wieder ab zum nächsten Brief. Monika? Robby? Nasti Kinski? Hm. Aaah! Lina!!»

mit herzlichstem dank für ihr schreiben vom selben selben monats und mit den besten empfehlungen (schlussformel): Adrian Positas

 

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