19940201 betrifft european tours

mein lieber wenzel

 

 

was wirklich beruhigend ist, ist die tatsache, dass er dann doch noch starb. dieser hochangeber. du weiss ja, dass ich ihn nicht ausstehen kann. und das, obwohl ich die ehre geruhte, neben seiner kutsche zu stehen und in sein schlafgemach hineinzuschnuppern. das war natürlich eine verfehlung. ich war noch jung. sagen wir einmal um die einundzwanzig jahre alt. da wird einem einiges verziehen. sein tod in den geschichtsbüchern ist deshalb so beruhigend, weil dann die biografischen aufzeichnungen endlich aufhören. mein lexikon nimmt sich für ihn mehr als vier! seiten vor. das ist doch allerhand. ich kann das nicht goutieren. in meinem leben hätte er das nie verdient. da würde schon der wondratschek ein paar seiten mehr bekommen als dieser grosskotz. andererseits gibt es da auch im goldenen kreuz in frauenfeld eine stube, die nach ihm benannt ist. da habe ich dann auch schon einige sitzungen hinter mich gebracht. mit dem teuersten wein natürlich. und alles auf spesen der hochwohllöblichen kulturstiftung. nun. das gebührt sich so. man hat ja schliesslich auch genug geld dafür. dafür! in einer wondratschekstube war ich allerdings noch nie, muss ich zugeben und neben seinem bett auch noch nicht. aber da seien dann eben die unterschiede: wondi ist schon überm teich gewesen, er hingegen nie. nur denke ich, dass beim vielen herumvögeln des lieben wolf (vielleicht waren das auch gar keine sovielemale) dieser in keinem masse an die frequenz des beschriebenen herr verwalters in militärwesenssachen, der finanzen, des berg- und wegebaus (ich wusste gar nicht, dass man die berge erst bauen muss) herankommen konnte. die zeiten wo man in der herberge gleich ein bauernmägdlein dazubestellen konnte sind doch wohl vorüber. vielleicht weisst dus besser. ich jedenfalls war noch nie in afrika, dem orient und bei den lappen. dort soll das rein kältetechnisch sogar ganz praktisch sein. nun ich gebe wiedereinmal alles zu. ich kenne den herrrn goethe, von dem ich dir zu schreiben gewillt bin, gar nicht absonderlich. ich hasse ihn unbekanntermassen. und das, obwohl ich dazu keinen grund hätte. von haus aus. da fand man ihn nämlich ganz stramm und toll. das, trotz nichtzugehörigkeit zu den anthroposofen. was landläuflich aus der vermarktung des herrn wurde, sieht man bei solchen effekthaschern wie dem andy war hohl oder anderen plenzdorffs, die sich gleich eine schnitte abtrennten und im fahrwasser des gestanks gleich hinterhersegelten. was soll das eigentlich. auch die freundschaft mit schiller interessiert mich herzlich wenig. was interessant zu sein scheint sind seine reisen (mit den ev. zugehörigen pläsierchen). gut. ich kenne auch diese berichtchen nicht. und ich werde mich hüten. stand doch geschrieben, was auch du gelesen hast, dass sie langweiliger nicht hätten sein können. das glaube ich vom stand heraus. darum, mein lieber freund, möchte ich den herrn goethe von nun an mit den rolling stones vergleichen. ich weiss zwar, dass ich für deine verhältnisse ein bisschen impertinent werde, aber ich hoffe, du kannst mir das doch nicht übelnehmen. schau. auch die rollenden steine (fräulein stein rollte?) sind irgendwie langweilig. aber trotzdem kennt sie jeder schwanz (sogar die anthroposofen). noch haben sie im lexikon noch keine viertelseite. aber warts ab. in zweidreihundert jahren? ein vorteil von ihnen: sie können die european tour noch absagen. und ein anderer, um auf die ferien zu kommen: in pesenas war 1 molière und kein herr goethe. das ist doch ein grund dorthin zu fahren. nicht wahr? 1 gruss: steinweg

 

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