19990207 betrifft théâtre sous bouleaus

lieber wenzel

 

 

> ich habe mich mit der literatur nur liegend beschäftigt. das liegt auf der hand und in dem wort wohl selber verankert. gerade deshalb ist es mir lieber, wir lassen sie weg. auch wenn die geschichte mit dem hegelbach in spanien schön klingt und durchdacht ist. eine gratulation. mit neckermann dem briefeschreiber und dem herrn goethe hab ichs nicht am hut. auch kein oel. diesmal. darum lasse ich mich doch lieber auf die idee des theaters ein. hier fühle ich mich wohler, obwohl mein potential, dinge auswendig zu rezitieren, bei weitem nicht so ausgebildet ist, wie das von jésus christian.

> ich erinnere mich immer und immer wieder an den film été meurtrier mit der aufreizenden isabelle, wo sie so zickig ist, dass man angst kriegen könnte. der film ist kein theater. das weisst du. und es liegt wohl auch in der natur desselben, dass die bühnen dort nie so gross sind wie in der täuschung des écrans, der seinerseits nur zweidimensional ist und seine beschränkung kennt. das hinwieder ist dann aber doch erstaunlich. wie aber sollte in der theaterversion eines été meurtrier eine franzosengrüne ds oder eine delahaye über die dorfstrasse einer kastenbühne fahren? undenkbar.

> was ich mit der erinnerung an den mörderischen sommer aber meine ist die hochzeit. man kann sich hier schon übers wort streiten, wenn man will. wie hoch die zeit ist oder ob es die höchste zeit ist, irgendetwas aufzuhören oder zu beginnen, ist dann die andere frage. keine frage aber ist meine erinnerung. und verknüpft sich auch gleich mit einer projektion vom schönsten und reinsten zeitvertreib der franzmannen: einem spiel.

> zur sache: geheiratet wird im film unter birken. und da mir das wörterbuch die birke mit le bouleau anpreist, stimmt mein individueller entwurf alles frankophilen mit dem baum selber überrein. du verstehst. nehme ich an. und darum auch möchte ich den regisseur des theaterstücks schon leise anregen, das kugelspiel in die szene nummer drei miteinzubeziehen, wenn es darum geht, wie die jungen schauspieler sich über die jungen schauspielerinnen unterhalten (in den lobendsten worten, natürlich). noch habe ich wenige dorfplätze gesehen in frankreich, die von birken verziert gewesen wären. daher ist es für mich auch ein rätsel, woher die wortstämme kommen. und auch weiss ich nicht, ob unsere domaine mit dem bewaldeten garten (mit blumenwiesen) von birken umstellt ist, oder nur von normalem laubbaumbestand. in der szene drei auf jeden fall stehen wir im theater und unterhalten uns über die schauspielerinnen und so. und wir werden kugeln werfen, wie wenn es nichts einfacheres geben würde auf der welt. mag sein, dass wir dafür uns unters volk mischen müssen. um zu spielen, wie die autochtonen galloromantiker.

> die birken in meiner erinnerung vom mörderischen sommer eignen sich übrigens vorzüglich um darunter zu verspeisen, was auf den teller kommt. daneben steht eine kleine bretterbühne, die, so einen halben meter erhöht über dem staubtrockenen boden steht, ein kleines tänzlein ermöglicht. daneben sitzt auch ein akkordeonist, der einsam seine musetten trillert und fröhlichkeit verbreitet. eine gute sache also, mein freund.

*dieser jésus ist ein freund von uns. auch er predigt gerne, aber auswendig. die faxnummer von jean (im geschäft, also gut kennzeichnen), der wissen möchte, wie du vom hasen abstammst, ist: [...]. 1 grusz: steinweg

 

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