19990211.2 betrifft hund, rakete. traumurlaub

mein lieber steinweg

 

 

wennd er am nachtmittag schlieft, träumbte er wirr und erdwachte schweissgebandet und wusste nichts meer wo her ward, noch wie hihm geschehnkten: geh schichten unter der wirrn hirrnober- oder überflächte. machtmal träumte herr, dass herr schlaffte und träumte: dann wusste herr dass herr wacht war und schriebs auf und herzahlte die geschlichte langsam her.

> das mädchen mit dem hund, der knabe mit der rakete, eine elegie. als der mann auf mich zutrat, sagte das mädchen, wusste ich was er sagen würde. sie sagte: männer sagen immer dasselbe: wir haben es getötet, weil es sonst nur hätte leiden müssen. ich bin nicht sicher, aber ich glaube sie sprachen von einem schaf. dann fragte er sie, ob sie ihn denn liebe, ahnte die antwort aber auch schon und sagte: euer wille hat mich gewählt, euer herz gehört einem andern (er kannte den namen seines nebenbuhlers, sprach ihn aber nicht aus). sie ahnte die wahrheit ebenfalls und antwortete: dann habt ihr den besseren teil: mein wille ist stärker als mein herz. (was ich freilich nicht richtig verstehen konnte war das letzte wort.) während sie sprachen lief mein radio im ohr, ich hörte als sie verstummt waren die erregende stimme einer frau: bonjour, moi c'est ulla. si vous cherchez une femme, un homme, la liberté où l'amour, appelez 36 36 13 ou 36 36 ulla par minitel. als ich aufstand und nach draussen ging, 36 36 13 im kopf, sagte die stimme: abèr wirklisch, so etwas primitifés zu tun, haidelbèrque! heidelberque sagte zu mir: ich werde mein bestes tun, dass sie ihre identität wiederbekommen! esschlafen nur die dummen, den andern lässt es der kopf nicht zu. - so kannst du reden wenn du mit deinen klagenden figuren allein bist, sagte das mädchen (ab).

> ich war im traumurlaub. ich weiss, dass jemand von den deutschen gästen die adresse von hugh heffner in österreich besitzt. [230. karte] ich gehe schnell los, weil ich heffner zu einer party einladen will. unterwegs treffe ich einen typen, langes gesicht, hut mit einer kordel, dicke jacke aus loden, der wegen mir mit seinem fahrrad anhalten muss. er grüsst und ich erzähle ihm was ich vorhabe. er lacht so laut, dass sich zwei frauen nach uns umdrehen. ich erkläre ihm, es gehe bei dieser einladung, welche eigentlich ein kunstprojekt sei, um eine kontextgeschichte. jetzt beginnt der trottel derart ungestüm zu lachen, dass er beinahe vom rad fällt. als er sich einigermassen erholt hat, fragt er, ob man denn diese kontextverschiebungssachen bei uns immer noch mache. [231. karte] ich schreie ihn an, er verstehe ja wohl von der sache rein gar nichts und solle gefälligst die schnauze halten. ich verliere die nerven, obwohl ich es bin, der die macht hat. er kann überhaupt nichts machen, er hat im prinzip nicht die geringste chance. ich kann, wenn ich will, schreiben, dass er zum beispiel weggeht und nicht mehr zurückkommt, wenn nicht gar stirbt. ich habe ihn soweit in der hand, dass ich sogar präzise beschreiben kann, wie er stirbt. der typ hat nicht das kleinste bisschen begriffen, in was für einer lage er steckt. ich habe ihn erfunden, und habe ihn also voll und ganz in der hand. er aber schreit zurück und will auf mich losgehen, dieses arschloch. ich weiche zurück, doch plötzlich lässt er von mir ab, dreht sich um und geht. [232. karte]

gruss: wenzel

 

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