19940215 betrifft weiterer zwischenbericht

meine lieben

 

 

> eben habe ich an jean gemailt, dass es mich langsam, im körper von kopf bis fuss und von finger bis finger, zu kribbeln beginnt ob der tatsache, dass sich der countdown langsam der zahl null und damit dem stichtag nähert. jean schreibt: aktuelle rueckwaertszaehlzahl ist: 152. so weit sind wir also schon. ich aber sage euch: diese 152 tage werden verfliegen wie der sand im wind, sie werden vergehen wie jener schneemann in der sonne und schneller. ein anderes kapitel, das ich dem monsieur jean gegenüber ansprechen musste (zu eurer information): dass du, schrieb ich an ihn, unseren frankreichurlaub allerdings in indien vorbereitest, ist angesichts meiner eigenen reiseuntauglichkeit nur schwer zu verstehen: vielleicht hätte eine kurzer aufenthalt in oberitalien oder im tirol doch auch genügt: warum denn gerade der indische subkontinent? was kann er bieten, was dir für frankreich nützen kann? hast du dir da nicht zuviel vorgenommen? na ja, du musst wissen was du tust. ich meine, auch eine nachbereitung in finnland gehört ja nicht gerade zu den üblichen strategien. diesen aufenthalt, im einsamen, ruhigen norden, könntest du allerdings, auch kulinarisch gesprochen (mal wieder ein bisschen einfacher und weniger üppig essen!), nach frankreich nötig haben.

> nun zum eigentlichen thema meines neuerlich zwischengeschobenen faxes, denn eigentlich hätte ich diese woche, das ist bereits heute, miet dem mondtag, zu unserem fünfakter schreiten wollen und, wenn nicht gleich alle fünf akte, doch die drei bis zur pause entwerfen und abschicken wollen. davon später (ich kehre nach einem ausflug in die schweiz mittwoch wieder zurück: biss dahint all so ruhe!). betrifft: unholde gedanken gegenüber den behörden meinerseits. ich beginne dieses heikle thema so: meine lieben, auch ich beklage mich über ein durchaus und -wegs angestrengtes verhältnis zu den behörden, zumal den helfetischen. vor allem aber zu den ordnungshütenden abteilungen hat meine beziehung nie eine fruchtbare und also freundliche und freundschaftliche werden wollen. die art, wie der schweisserische ordnungshüter sich pflichtbesonnen und chauvinistisch an dem befreundeten und hilfebedürftigen (eben: dein freund und helfer) vergeht, um sein ordnungs-bewusstsein und seine bürokratische berufung durchzusetzen, sind mir (wie euch) zutiefst zuwider. soviel dazu. gegen die hecktisch verschlafene bürokratie mit waffen vorzugehen, und wenn es nur durch einen gezielten knieschuss ist, widerspricht meiner auffassung von höflicher auseinandersetzung allerdings vollkommen. ich schlage deshalb gemäss meiner überzeugung, dass schlagkräftige argumente jederzeit und in jeder diskussion, falls höflich vorgetragen, verwendet werden dürfen, den brachialen arschtritt als massnahme gegen die häuptlinge, unter welchem begriff ich die hauptverantwortlichen für das versagen unseres beamtenstandes, sowie auch die haupt-untergebenen, also die ausführenden und mithin die hauptversager verstehe, unserer ordnungskräfte vor: es ist schliesslich die sprache, die sie verstehen (wie sie schreiben und denken, wissen wir seit kreuzlingen/klostermauer). nur sagt doch: was hat den verbalen amoklauf ausgelöst?

soviel zu eurem thema: ich bin, wenn auch mit weniger harten methoden, immer: der eure. wenzel.

 

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