19940318 betrifft aufnahme der verhandlungen

 

 

 

einmal abgesehen vom schlechten gewissen, nichts gegen den schreibmässigen waffenstillstand getan zu haben und überhaupt. das ziel am heutigen abend etwas mit format zustandezubringen, geht sowieso nicht mehr. es sei denn, man erlasse einem die sünden, auch diejenigen, man komme spät nach hause. nach jeans schlafrechnung befinden wir uns, man nehme die nacht, die bevorsteht, obwohl das datum schon abgelaufen ist, mit in die kalkulation auf, bei 122 zählern, ergibt sich doch ein durchaus negatives resultat. einmal abgesehen von den trabenden 176 zählern ist das aber ein durchaus strammes fortschreiten in richtung ferien. mein schnédèr. mein lieber fröind. es ist im leben wie sonst nirgendwo: es ist ernüchternd.

> was das leben anbetrifft kann ich nichz sagen: es ging an mir vorbei, auch wenn man von den lenzen ausgeht, die meine sinne beflügelten und bestärkten. eine ernüchterung bedeutet diesbezüglich auch die fakten: dreiunddreissig will hier nichtz heissen und bedeutet einenmal eine niederlage. und sonst?

> das andere sind die freuden. die reisen und das nichtztun. das schlingern um ein nichtz, das ringen um eine nichtigkeit. das habe ich geschafft. und dies ist ein erfolg. ansonsten stehen wir vor einem abgrund. wir im sinne eines diplomatus elegius, eines regus inter-paris, eines ultimativ abstarkten bonvivants und steuerschuldigen, seien wir doch einfach ehrlich ...

> und andererseitz gebe ich zu, nichtz richtig gemacht zu haben. ich komme mir vor wie in einem pfadfinderlager (mit kristentum): der leiter kommt ins zelt gekrochen und frägt (alte form, weil alte erinnerungen): «wer zum verdammten teufel hat die knebelscheisse durchgeschnitten?» und ich weiss: ich bin es, gerade ich. was die erkenntnis hilft, bleibe dahingestellet. es nützt nichtz und bedeutet drei tage stubenarrest, will heissen: drei verdammte kübel mit stahlwolle zu reinigen. dass dies mit dem reinigen des gewissens sehr wenig tun hat, liegt auf der hand, denn schliesslich ist ausgerechnet der lagerleiterführer ins dreckloch gefallen.

> aber ich möchte dir die ferien nicht versauen. denn wir haben weder eine verdammte knebelscheisze noch einen lagerführer kristlicher ausrichtung. es darf spät werden und niemand frägt (sic!) darnach. unsere ferien werden frei, fromm und frei. und wenn es jetzo auch schon spät seiet, so sollen uns die gaumenfreuden und das lagerleben nicht am ungestümen leben hindern. das wollte ich dir eigentlich schon den ganzen tag über sagen, wenn nicht schon längger.

> und damit grüsze ich dich im namen der heiligen familie, die, schlafend zwar, dem ansinnen sicherlich zustimmen würde, denn sie hat nichtz am hut mit übetriebener blödsinniger kristlichkeit, geschweige denn dem finden von pfaden.

> so salutiere ich. und verbleibe ein steinweg. ein fröind im namen (was auch immer). und hoffe, morgen einen anschluss an deine faxe zu finden. denn es ist nicht immer leicht, nach sovielem tagesgeschäft noch lust auf tasten zu heben. aber ich habs wenigstenz versucht ...

 

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