19940330 betrifft dienstag. fiktion und realitä

mein lieber steinweg

 

 

> obwohl ich morgen höchst selbst ankömme, folgendes im voraus, gewissermassen als diskussions-grundlage für alle diskussionen die folgen wollen: krieg und religion.

> also erstens: wennd ich den fern seher einschallte, kam mir ein bild entgegen, das heisst ein studio-hintergrund, welcher in grosser schrift hiess und sagte: KRIEG VOR UNSERER HAUSTÜRE. die medien suchen so den diskret-direkten zusammenhang und reden uns von immer neuen greueln. dass der zusammenhang nicht diskret ist und unsere haustür ... jedenfalls sagt dann der sprecher, ein unbescholtener deutscher berufsmann, der nach der sendung nach hause geht und hier vor uns nur seinen job macht, klar, sagt also dieser mann, mit schleppender deutscher zunge, lau t und deutl ich:

«Ja, meine Damen und Herren, KRIECH VO UNSRA HAUSTÜA.» wer nun allerdings vor der deutschen haustür kriechen soll, ist mir so unklar, wie was die deutschen (hund die amerikanherrn) in der jugoslawischen luft machen. vielleicht wollte uns der deutsche berufsmann, deutsch und integer, gerade durch seine sprache einen hinweis geben. und hat nicht gelogen, nicht für sich, nicht für jene nato (nations against terroristic offences), die erklärungsnotstand hat für ihr vorschreiten und vor allem für ihr konsequentes weiterschreiten. und noch ein separater lacher: die linken sagen gleich im anschluss jeweils: «im prinzip sind wir natürlich der meinung, dass dieses gewalt gegen gewalt nichts bringt, aber in diesem fall muss man doch sagen ...»

> und ein bisschen religion: in einer planungssitzung [...] waren anwesend (und werden willig verdankt) die religionsunterweisenden katholischerseits, die nichts weniger im religiös motivierten schilde führten, als mit jeder klasse eine stunde, randständig, zu fixieren, worin nun die unterweisung würde stattfinden können. (in klammer: weshalb der stundenplan einer sogn. staatlichen schule den platz freistellt und -gibt, um eine ideologie und doktrin zu lehren wie das (lebendige) christentum, ist dem schrei benden schleierhafter denn je und er wartet jetzo nur darauf, dass an den oben eingeführten sitzungen auch die vertretherrinnen von feng shui und aikido, sowie FC und origami und kamasutra anwesend sein werden und sich allesamt in eine der begehrten sogenannten randstunde drängen. klammer zu!) nachdem jetzt also, wieder zurück zum thema, auch die evangelikalen kinder unterwiesen werden sollen, steht die frage im raum: wird, um alles in der welt, den konfessionslosen kindern eine stunde (oder zwei) geschenkt? eine der anwesenden religionslehrherrinnen ruft aus: ach die armen heidenkinder! und meint nota bene, gut aufnotiert, und meint bloss, dass sie nicht frömmisch-katholisch oder pseudo-protestantisch sind. und die andern religionen. und welche die richtige ist. und in der schule. und die einzig richtige lehre. und die armen kinder. ich frage mich: wie werden alle andern dieses leben bloss meistern? die armen, armen heidenkinder. und nachher lachen sie alle darüber. das sind auch lehrherren (und innen): lachen über die eigene bornierte und unglaubliche und fundamentale geistesrückständigkeit. gott helfe ihnen!

und unserem lieben steinweg auch. wenzel.

 

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