19940421 betrifft 1 dienstmädchen

 

 

 

noch einmal etwas zu den narren. und zu denen, die es nicht sein wollen. den gescheiten. den gescheitelten. auch wieder ein pfarrsohn. schon wieder. ein nietzsche. und sein zarathustra. der sprach. mein freund, nur noch dies einemal, dann sind wirs zufrieden. es macht keinen sinn mehr über die narren zu sprechen. sind wir doch selbst welche. irgendwie. (sometimes.) also. was sprach er, der narr? er sprach: «so will ich mann und weib: kriegstüchtig den einen, gebärtüchtig das andere, beide aber tanztüchtig mit kopf und beinen.» erstens: so ein unzinn. mann könnte meinen, der preussennarr sei auf die welt gekommen und habe das gynäkologische all begründet. und zweitens: diese bewegungssucht ist doch zum kotzen, mann könnte meinen, dies sei ein spot für die ertüchtigungssäle, genannt: wellness-center. du siehst mein froind. die dummheit hat alle tage der welt und bleibet. es ist beruhigend.

> viel eher interessant nebst der dummheit ist der anstand. auch hier fesseln mich passagen. einmal ausgegangen davon, dass dumm und loyal auf der selben treppenleiter stehen, gibts verschiedene möglichkeiten. entweder, mann ist dumm, oder loyal, oder perfekt. mit einem lächeln im mund lässts sichs gut sterben. sich opfern oder durchschlüpfen. wie man will. so schreibet der schweizerische knigge, ein brevier für zeitgemässe umgangsformen (allerdings in der fünfzehnten, überarbeiteten auflage von 1938): «es ist vielfach üblich, dass der gast der frau des hauses eine kleine aufmerksamkeit widmet: blumen, ein paar pralinés.» schreibet er, der knigge. und weiter: «diese geschenke haben lediglich symbolcharakter. sie sollen mit sorgfalt ausgewählt werden, sie dürfen aber nie kostbar sein.» nun. mein froind. stell dir vor: du schenkst meiner estelle ein saab cabriolet von der ersten bauart, eines, das sie sich schon lange wünscht. dann würde ich auf ideen kommen. ich würde meinen, du wolltest mit dem geschenk etwas bestimmtes bezwecken. du weisst schon ... und vor allem wärst du deswegen ein narr. denn deine aufmerksamkeit, das geht aus 1938 klar hervor, gilt ja nicht der frau des hauses, sondern mir, dem herrn des hauses. knapp bist du nun also mit diesem tipp an der handgeschwungenen guillotine meiner zuneigung vorbeigegangen. sonst müsste ich dich als einen narr bezeichnen. oder dich köpfen. nur mit dem gewissen quentchen anstand ist es dir gelungen, deinen kopf zu bewahren. also: «begehre nie die frau deines nächsten», oder wies auch immer im buche steht. sagt der herr.

> «höflichkeit in der familie bedeutet höflichkeit zwischen den eltern, gegenüber dem dienstmädchen, und, last not least, gegenüber den kindern selbst.» siehst du, da kommen wir schon weiter. und befinden uns wieder in den ferienvorbereitungen. mittendrin. dass meine estelle und ich untereinander höflich sind, liegt auf der hand. das weisst du. und höflichkeit gegenüber den kindern selbst ist wohl auch klar. was dieselbe unter den kindern betrifft: na ja. davon war nicht die rede. wo aber ist das dienstmädchen? wir müssen uns eines suchen. das ist nun klar. wie soll es beschaffen sein. soll es schaffen oder unterhalten. soll es schön sein oder anzieren können (zitat jesus)? soll es dir dienen, meinem froind, dem jean, oder allenzumal? eine schwierige frage, die ich von dir abgeklärt und beantwortet haben möchte. für ein inserat im «starnberger» wäre ich zu haben. wir müssen nur noch den anforderungstext bereitstellen. einverstanden? 1 grusz. steinweg.

 

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