19940504 betrifft personal usf.

mein lieber steinweg

 

 

> du gibst mir recht in meiner beurteilung der lage das personal betreffend. lass mich trotzdem noch einen abschliessenden gedanken anbringen. erstens: es fällt mir auf, dass in der literatur oftmals die dienstmägdchen und so weiter in amouröse beziehungen mit dem arbeitgeber verwickelt sind. eben gerade fällt der sekretär des marquis de la mole in liebe mit dem fräulein des hauses. er ist ein zimmermannssohn (hatten wir in der geschichte nicht schon mal einen solchen, der allerlei abenteuer erlebte und zuletzt bitter dafür büssen musste, dass er sich so aufgespielt hatte? und büssen nicht heute noch sünder in seinem namen?), steht also auf der leiter unterster sprosse, eigentlich noch am boden, sie, die mathilde marguerite, steht ziemlich weit oben. ich weiss nicht ob er sie, wenn er sich strecken würde, überhaupt erreichen könnte. nun sind es allerdings die herzenspfeile, die die verbindung schaffen und so ist der schulterschluss (sagt man so?) zwischen der herrin und dem knechte perfekt. und dann erinnerst du dich sicherlich auch an den jungen don juan aus der erzählung apollinaires (und dem filme cherbourgs), dem einzigen mann im hause, als alle männer in den krieg gezogen waren: auch hier wurde das dienstboten-herren-verhältnis ausser rand und band gebracht und zuletztlich gar aufgelöst. du siehst also: das einstellen eines dienstmägdchens birgt allerlei gefahr. zweitens: wenn wir ein dienstmägdchen einstellen würden, müssten wir auch einen sekretär mitnehmen und einen schönen stallburschen und einen boten und köche und eine alte vettel, die auf die kinder aufpasst und einen priester und und und. diese kleine und beliebig zu erweiternde aufzählung soll uns vor augen führen, dass das einstellen von personal, auch wenn es vorerst nur hätte ein dienstmägdchen sein sollen, wohlüberlegt sein will und es drängt sich des weiteren die frage auf, ob wir nicht besser daran tun, auch die rosse selbst zu versorgen und den seelendienst selbst zu versehen und die botengänge selbst zu tun. ich meine, im anschluss an das resummé der problemausführung im letzten fax, dass ja. du hast selbst, als pfarrerssohn, einige der geeigneten voraussetzungen, unsere seelen dahin zu führen, allwo sie ihr heil finden werden (und nicht gefahr laufen, dereinst im feuersee zu landen). und wenn wir uns, was wir mit unseren immensen reiseerfahrungen ja ohnehin tun werden, gut organisieren, werden auch die übrigen mitreisenden ihr teil zum dienstbotenlosen aufenthalt beitragen können. es wird hart werden, soviel steht fest.

> zu deiner betrachtung des universellen. erstens. die metzler spricht schlecht französisch, was in etwa ihrem horizont entsprechen dürfte. ich meine, es ist kein zufall, dass sie aus der cvp kommt. zweitens. jugend und juris prudentz allein reicht noch nicht! vielleicht entwickelt die frau ja mit der zeit gesunden menschenverstand, dann kann doch noch alles gut werden. drittens. ich habe die metzler seite an seite mit dem ferdi die nase national gesehen, wie sie beide mit schweren pistolen in den himmel gefeuert haben. wen wollten sie da in bester wildwestmanier abschrecken und vertreiben? was soll die allianz metzler-kübler, und wohin wird sie führen? (haben wir da etwa schon den heimlichen nachfolger vom ogi?) seit wann tragen bundesrätinnen überhaupt revolver? für wen kämpfen sie und gegen wen treten sie an? du siehst: universelle fragen über fragen. à suivre.

dann also bis donnerstag. und grüsse die femmelilie: wenzel.

 

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