19940607 betrifft la grande nation de france

mein lieber steinweg

 

 

> um es also gleich vorwegzunehmen: ich habe alle verhandlungen mit dem herrn jakob schiratt zu einem guten ende geführt. dies vor allem, ich muss es sagen, weil ich bestimmt und undiplomatisch, um nicht zu sagen, grob und rüpelhaft, aufgetreten bin. ich habe einen sofortigen atomteststopp vereinbart (eigentlich ein moratorium bis zum sankt nimmerleinstag) und ihm dafür im bouleturnier einen vorsprung von mindestens fünf punkten anerboten: er hat eingeschlagen. auch die unbeschränkten generalabonnements für die lebensmittelgrossverteiler monoprix, prixunic, uniprix, G20, franprix, continent usf. habe ich gegen ein angemessenes entgegenkommen unsererseits nicht nur beantragt, sondern auch bewilligt und höchsteigenhändig unterschrieben bekommen: wir verfügen nun über das blanko gedeckte abonnement libre marché france (LiMaF), das uns schöne stunden in fronkreisch garantiert. ich habe dafür versprechen müssen, dass wir der frau schiratt nicht zu nahe treten, die tochter unbehelligt lassen, uns dem elysée bis auf höchstens 1 kilometer nähern (dieser punkt wird von der garde nationale de l'elysée integrale pendant les jours de semaine kontrolliert und überwacht: an sams- und sonntagen können wir machen was wir wollen!) und dass wir erst nach dem 14 juillet ins land einreisen: mon dieu, ich habe ihm alles versprochen, er hat unterschrieben und alles ist im butter. was sollen wir auch mit präsidentinnenfrau und -tochter wollen? was haben wir schon im elysée zu suchen, wenn im sommer tout paris japanisch ist? so weit die politischen verhandlungen mit der gurkenpfeife.

> des weiteren habe ich im lebensmittelsektor recherchiert und erstaunliche tatsachen zutage gefördert. das heutige frankreich (obwohl es gegen die russen in der (beinhahe) letzten minuten 3:2 verliert: im grand stade national de france, versteht sich!) öffnet dem internationalen verderben tür und tor. folgende beobachtungen führen zu dieser feststellung. 1. das konfitüregestell: es steht dort das selbe sortiment wie bei migros (les confitures de maman!), weiter 2. im biscuitgestell: die selben biscuit wie bei migros (les biscuits de maman!). 3. sind die fruchtjoghurts (panier de yoplait) angeschrieben: med vruchten! die sorten (poire williams, poire conference, pêche blanche et pêche jaune, fromboise, mûre etc.) sind unglaublich gut, aber doch eu-infiltriert. 4. vom emmental français râpé wollen wir ganz schweigen (er sieht aus wie der geriebene käse auf den spaghetti bolognese-fotos in den fastfoodrestaurants einer gewissen französischen fastfoodkette!). et après tout, qu'est-ce que c'est: l'emmental francais? ein paradox in doppelter hinsicht: denn erstens ist das emmental, auch wenn man es français nennt, die herzeigegegend der schweizerischen landwirtschaft und zweitens bedeutet français in diesem fall nicht haute cuisine, sondern weniger geschmack (weniger geschmack als ein emmentaler käse, das können wir schweizer uns bestens vorstellen: farb-, geruch- und geschmackloser hochqualitätsgummi). soweit also die sondierungen im fremden ausland.

> ich hoffe die recherchen bringen uns weiter. ansonsten lassen wir uns vom gefühl (les grands emotions nationales de france) leiten und alles wird gut. ausserdem werde ich, seid vorgewarnt, auf euch angewiesen sein, denn einmal mehr hat sich schrecklich gezeigt: ein wenzel allein im ausland ist verloren (un audace seul sur l'étagère est enfin perdu!). herrlichste grüsse: derselbe (verlorene) wenzel.

 

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