19940712 betrifft letzte skepsis, ganzes glück

mein lieber steinweg

 

 

> was mir erst gestern in den noch späteren abendstunden so richtig aufgegangen ist und mich auch mit einigem wohlgefallen erfüllt hat, ist der umstand, dass wir uns («auf diesem wege») im verlauf nur einer woche doch tatsächlich allen ballastes entledigt haben und nun, ohne schiratt («ah, toll!»), und doch voller zuversicht, ohne die allmacht von kümmherrli und freiherrli («es lebe frank reich!»), und doch nicht orientierungslos, ohne den ultimativen millionengewinn («Schweizer Lottomillionen von zwei Gewinnern abgeräumt!»), und doch reich (im herzen, an erfahrungen usf.), ohne einengenden schlachtplan auch («strikte flexibilität!»), und doch zur schlacht bereit, ohne zusätzliche rechtfertigungen von unserer friedlieblichkeit («ich weiss, dass du friedliebend bist.» weiss ich doch auch, mein lieber. von dir.), und deshalb umso friedlicher, ohne eitle materielle aspirationen («statt des busses mit zwei déessen im flugi…»), und doch eitel genug, um in frankreich zu überleben, ohne ehr geistige erwartungen («poetische und lyrische gehtanken ...»), doch dem hochprozentigen geiste sehr wohl zugetan, und nun also, nach nur einer woche harter arbeit (fax für fax) nackt und bloss, aller falschen wirrklichkeit ledig, vor dem schöpfer stehen, bereit, unbelastet in ein neues leben einzutreten, das nur von langen listen bestimmt sein soll, die, so steht zu befürchten, über kurz oder lang den ballast zwar wieder zurückbringen, uns für den moment aber in einen zweifellos glücklichen, weil schwerelos enthobenen zustand versetzen, der nur noch von der spritrituellen fortfreude auf die ferienreise erfüllt ist. in diesem zustand metaphysischer glückseligkeit leitet eine unerkannte kraft unser denken und sinnen und wird uns sicher nach frankreich und wieder nach hause bringen, so dass wir um den zweiten august erwachen und nicht wissen werden, ob wir geträumt oder wirrklichst gelebt haben. dass wir alle das gleiche geträumt haben (inkl. varianten) wird uns die gewissheit geben, dass an dieser reise in den sünden schon etwas wahres dran sein muss (denn: träume werden wahr, manchmal! dreams come true (sometimes)!).

> allerdings muss ich sagen, dass der skeptiker in mir dem folgendes entgegenhält: da der zustand angelischer glückseligkeit nicht endlos anhalten kann (nix ist endlos!), muss er notwendigerweise von einem zustand realen alltaxbewusstseins abgelöst und niedergeschmettert werden. der moment der zerschmetterung aller träume ist bekannt als das böse erwachen. der skeptiker, der überlebenswillige insbesondere, sagt nun natürlisch, dass wir uns gar nicht so weit vom zustand des alltax abtreiben lassen dürfen, wenn wir nicht allzu hart wieder auf den boden der realität zurückfallen wollen. der zustand unfassbarer entrückung allerdings, sagt der eschkapischt, entschädigt für mehr als den harten fall. da die zeit ohnehin drängt, noch 4x schleufen bis zum start, werden wir solcherlei skeptische philosophien weder ausbreiten noch durchdiskutieren können. und somit wird auch die bange frage: «was wir bloss aus uns werden?» ganz wie im richtigen leben unbeantwortet bleiben.

> ich mache mich dann also jetzt wieder ans packen: ich stehe noch immer in der bücherei, um meine kleine handbibliothek, die ich finaliter einpacken werde, richtig zusammenzustellen.

ballast weg, es leben die wirrklichen probleme! (5 6 25 26 oder so ähnlich!)

grüsse: un wenzel.

 

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