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>>> Der Umweg über Spanien

 

Die Themen von «Mein Anfang, dein Ende» führen uns zuletzt auf natürliche Weise nach Spanien, wo Donna Mencia von Rosalva in einem sehr baufälligen Schlosse in der Nähe von Valencia auf den Beginn einer aussergewöhnlichen Begebenheit wartet: Eine Begebenheit, die zeigt, wie die «Natur über die Schwärmerei» siegt und in der «alles Wunderbare natürlich zugeht». Diese Geschichte, die uns auch bald mit ihrem Neffen Sylvio bekannt macht, zeigt auf exemplarische Weise zwei Dinge: Schon im 18. Jahrhundert wurde nach Kräften recycliert – schliesslich ist der Entwerfer dieses zauberischen Märchens der selbe Christoph Martin Wieland, der vorher auch schon in Rahmen seiner Shakespeare-Übersetzungen den ebenso märchenhaften «Sommernachtstraum» übersetzt hatte – und: Der Umweg ist oft der schnellste Weg zum Ziel.

 

Bei Franz Wenzel findet sich in den nachgelassenen Notizen folgende Stelle: «denn soll etwa eine gerade strasse durch ein baumloses land interessant sein? interessanter als die verzweigten pfade durch die wälder am rande der dörfer und städte: wo die anzahl der möglichen wege derart gross ist, dass die entscheidung für einen weg immer als einschränkung empfunden werden muss? und wo der überblick so sehr mangelt, dass nur noch die intuition weiterhelfen kann? trotzdem entscheiden wir uns: und manchmal auch für einen möglichen richtigen weg. und gelangen manchmal auch an ein ziel.»

Don Sylvio von Rosalva jedenfalls ist der Schutzpatron des Wortwerks, der Held der Abschweifenden, der Vater aller assoziativen (Text-) vernetzungen, der ewige Begleiter mäandrierender Träume und zielloser Erzählungen. Überzeugt, in einem Frosch eine verwandelte Prinzessin erkannt zu haben, macht sich Don Sylvio auf den Weg, diese Prinzessin zu finden, er schweift durch die Welt und durch die Wälder, sieht sich von dem Frosch getäuscht und findet schliesslich im Gras in einem Amulett das Bildnis der Prinzessin liegen. Jetzt geht die Geschichte erst recht los: Weiter irrt der Suchende durch die Welt, lässt sich von nichts aufhalten, entwickelt und verwirft Theorien, weshalb er die Prinzessin nicht finden kann und erkennt die Angebetete nicht, als sie schliesslich vor ihm steht. Denn Donna Felicia, welche dem Bildnis im Amulett aufs Haar gleicht, ist nun Wirklichkeit und eine richtige Prinzessin. Diese Begegnung befreit Don Sylvio allmählich von dem Feenglauben und Märchenspuk. schliesslich hat er jetzt in der richtigen Welt gefunden, was er sich in seinen Träumen erdacht hatte.

 

Dürr hat zurecht bemerkt, dass dieser Roman von Christoph Martin Wieland einer der wenigen der Literaturgeschichte sei, die es Wert seien, ganz gelesen zu werden. Kein Wunder, denn diese Geschichte beinhaltet hunderte von Geschichten, die alle selber wieder den Stoff für einen Roman, eine Erzählung oder ein Stück liefern. Um diese frühen Ansätze konsequenten Recyclings zu beschreiben, hat Dürr in der Geschichte des Don Sylvio Spuren von Cervantes, Fielding, Shakespeare, Sterne und Lesage nachgewiesen. Dürr ist wirklich der König unter allen Entschlüsslern.

 

Dazu gehört gleichzeitig auch – neben dem erwähnten Romanfragment, das es immerhin ermöglicht, ihn einen Romancier zu nennen – die einzigen schriftlichen Hinterlassenschaften Hankathus', der damit immerhin sein Auftauchen in diesem Text legitimiert. Dass es sich allerdings bei diesem dem Wortwerk zugespielten Zettel tatsächlich um eine Originalnotiz handelt, muss angezweifelt werden. Immerhin könnte diese eine Äusserung den grund angeben für die ausserordentliche Verschwiegenheit des Romanciers. Hankathus schrieb: «ich möchte immerzu dinge nur anfangen, mit dieser unruhe und diesem unstrukturiert chaotischen enthusiasmus in büchern und akten wühlen, lesen, exzerpieren, notieren und dann nicht einen roman, sondern nur einen ersten satz, oder einen ersten knappen abschnitt schreiben um mit der nächsten idee für ein grosses projekt gleich wieder von vorne anfangen, unruhig und unstrukturiert chaotisch.»

weitere Angaben zu Tim Hankathus unter /hankathus_info.html