19940504 betrifft [à suivre]

mein lieber steinweg

 

 

> [à suivre] viertens. des weiteren habe ich die metzler gesehen auf dem weg zu ihrem ersten arbeitstag im bundeshaus. die szene ist morgens, noch vor acht. die sonne scheint. wir sehen drei personen in geschlossener formation über den bundesplatz gehen: den herrn deiss, unter dem arm die zeitung, nebst einem weibel, der ihm die tasche trägt. dann die frau metzler, zwei schritte voraus, sie trägt ihre schultertasche selbst. entweder heisst diese szene: jung ist die frau, / sie trägt was sie kann. / der schwächling dahinter, / es ist ein mann. oder aber die morgendliche szene ist wie folgt zu deuten: der mann gibt die last, die er mit dem neuen amt zweifellos zu tragen hat, ab, die frau trägt sie selbst und ist dem mann immer noch zwei schritte voraus. soweit also ein hinweis durch die presse, der heissen will, dass, obwohl cvp und jung, schon alles gut gehen wird. und wir wissen ja schliesslich auch: einen alten sack, einen arrivierten, der weiss wos langgeht, weil ers immer schon gewusst hat (gerade weil er in der cvp hockt und ein mann ist), so einen wollen wir ja auch nicht, auf gar keinen fall. und so kommt es, wie dein fall schön zeigt, seit du jugend toll zu finden versuchst, dass auch wir dem metzler-effekt, jugend-bonus inkl., erliegen, bevor wir noch papp gesagt haben. fünftens und letztens. vielleicht, auch wenn du noch ein jahr zu jung bist, gründen wir doch eine eigene partei, schreiben uns schund und schmutz ins programm, was heissen will lust und leidenschaft, nennen uns SWP Schweiz und sind die grossen gewinner der nächsten wahlen. dann können die zeitungen von einem erdrutschsieg schreiben und schöne diagramme gestalten, auf denen man sieht, wie SWP Schweiz auf anhieb drei bundesratssitze erobert hat (dass der bundesrat vom volk gewählt wird, ist dem erfolg der ersten von uns lancierten volksinitiative zu verdanken!) und wie die ganze schweiz langsam unter der farbe unserer partei versinkt (farbe muss noch bestimmt werden). die ganze schweiz darum, weil unsere partei auch den röstigraben und den gotthard vergessen machen und ein einig volk von schweizerinnen hervorbringen wird. nur dass wir dann auf dem rütli (im beisein von rüthli 1 & 2; sie beide noch im bundesrat) nicht mehr das strahlenmeer singen werden, sondern she is the man, die neue, schaurige nationalhymne. ogi kennt man in dieser unserer zukunft nur noch als standbild am ufer der kander; der greise cotti hat zwar auf dem balkan den frieden vermittelt, sitzt jetzt aber alt und verlassen in seinem haus im tessin und schwärmt für einheimische malerei; koller ist nach amerika ausgewandert (samt helikopter), man hat ihn vergessen; leuenberger ist noch voll dabei; villiger ist zuhanden der stumpen- und velofabirk abgetreten; couchepin konnte sich gegen unsere kandidaten zwar bis in den siebten wahlgang halten, doch dann war schluss; deiss musste zugunsten der koch abtreten, welche zwar alt, aber noch verhältnismässig frisch das rennen gemacht hat. daneben nun steinweg und wenzel und eine nicht genannt werden wollende geheimkandidatin, die die schneidige restrukturierung einer in ihrer bürokratie erstarrten schweiz vorantreiben wird.

und dann, mein lieber, wurde alles wieder gut. wir lebten in einem land, wie es noch keins gegeben hatte auf erden, ein land, in dem wirtschaft und politik und volk hand in hand regierten, lebten und starben. es war eine schöne zeit in der regierung, werden wir in unserem rücktrittschreiben bekanntgeben, herzlichen dank euch allen und macht's gut. und viele grüsse: wenzel.

 

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